Fermentieren
Eine alte Methode lebt wieder auf: Gemüse milchsauer konservieren
Das Haltbarmachen durch Fermentation ist eine seit Jahrtausenden genutzte Methode, mit der wir Lebensmittel auf biologischem Wege konservieren können. Da für fermentierte Lebensmittel weder bei der Herstellung noch für die Lagerung Energie notwendig ist, konnte die Technik schon vor 10.000 Jahren praktiziert werden. Zudem findet der Gärprozess bei Raumtemperatur statt und zum Aufbewahren ist eine Kühlung nicht notwendig. Das Fermentieren ist also eine sehr natürliche, praktische und energiesparende Methode, Lebensmittel haltbar zu machen, Nährstoffe aufzuwerten und den Geschmack zu verändern.
Bekannte fermentierte Lebensmittel
Ein sehr bekanntes fermentiertes Lebensmittel ist das Sauerkraut. Weitere Produkte sind beispielsweise Sojasauce, Miso, Kefir, Kombucha, Joghurt, Sauerteig, Essig, Butter, aber auch Tee oder Salami gehören dazu.
Was passiert beim Fermentieren von Gemüse?
Fermentieren bedeutet die chemische Umwandlung von Stoffen durch Bakterien oder Enzymen. Beim Gemüse werden die natürlich vorhandenen Milchsäurebakterien genutzt, die auf den Lebensmitteln vorkommen und Zucker in Milchsäure verstoffwechseln. Auch in der industriellen Produktion und Haltbarmachung von Lebensmitteln spielt die Fermentation eine ausschlaggebende Rolle, bei der Mikroorganismen wie Bakterien oder Enzyme zugegeben werden.
Gesundheitliche Vorteile der Fermentation
Wird Gemüse fermentiert, wandeln natürlich vorkommende Milchsäurebakterien den enthaltenen Zucker in Milchsäure um. Dieser Vorgang hat neben der konservierenden Wirkung Einfluss auf die Verträglichkeit und den Geschmack von Lebensmitteln. Fermentiertes Gemüse gilt mit seinen Milchsäurebakterien als probiotisches Lebensmittel. Diese wirken sich positiv auf die Gesundheit aus: Etwa auf die Harmonisierung der Darmflora, auf die Verdauung sowie auf die Stärkung des Immunsystems.
Da das Gemüse nicht erhitzt wird, bleiben Nährstoffe erhalten, der Vitamin C-Gehalt nimmt sogar zu und es entsteht Vitamin B12, das sonst nur in tierischen Produkten vorkommt. Die Verfügbarkeit von Mineralstoffen wird durch den Gärprozess verbessert, gleichzeitig reduzieren sich unerwünschte Pflanzenstoffe wie Oxal- und Phytinsäure.
Naturgegebenes Vorkommen der Milchsäurebakterien
Die für die Fermentation benötigen Milchsäurebakterien, die den Gärvorgang starten, müssen nicht extra hinzugegeben werden! Sie kommen bei frischem Gemüse natürlicherweise auf der Oberfläche vor, befinden sich auch in der Erde, im Wasser oder in der Luft.
Wirkung der eingesetzten Salz-Lösung
Einerseits hemmt Salz das Wachstum von unerwünschten Mikroorganismen, beispielsweise von Fäulnisbakterien und Schimmelpilzen, andererseits fördert eine geringe Salzmenge die Milchsäuregärung. Legt man Gemüsesorten in eine schwache Salzlösung oder stampft sie mit Salz ein, vergären die Milchsäurebakterien im Gemüse zu Milchsäure. Durch diesen Vorgang werden die Zellwände weich, wodurch sich Säuren und Aromen bilden, die ein einzigartiges, schmackhaftes, haltbares, gesundes und besser verdauliches Lebensmittel hervorbringen. Der entstandene niedrige pH-Wert verursacht ein saures Milieu, in dem Fäulnisbakterien nicht überleben.
Geeignete Gemüse
Grundsätzlich lässt sich jedes Gemüse zu Fermenten, wie die Ergebnisse genannt werden, verarbeiten. Es eignet sich jedes Gemüse, das man auch roh essen kann. Am bekanntesten ist sicherlich Weißkohl, aus dem Sauerkraut hergestellt wird. Aber auch Rotkohl, Wirsing, Möhren, Kohlrabi, Rote Bete, Bohnen, Gurken, Blumenkohl und Brokkoli, Sellerie, grüne Tomaten, Kürbis, Silberzwiebeln und Paprika können einzeln oder als Gemüseallerlei mit Hilfe der Milchsäuregärung haltbar gemacht werden. So wird das im Sommer geerntete Gemüse durch die Fermentation zum Vorrat für den Winter.
Reste fermentieren statt wegwerfen
Die Methode, Gemüse milchsauer zu konservieren, eignet sich auch sehr gut für Reste, um diese vor dem Wegwerfen zu retten: Selbst kleine, übrig gebliebene Mengen von z. B. Chinakohl, Rote Bete, Steckrüben, Weiß- oder Rotkohl lassen sich durch die Milchsäuregärung haltbar machen und obendrein auf schmackhafte Art und Weise verwerten.
Durch Zugabe von Kräutern und Gewürzen, am besten in Form von ganzen Körnern oder Zweigen, wie Pfeffer, Senf, Piment, Koriander, Kreuzkümmel, Chili, Ingwerscheiben, Bohnenkraut, Dill, Rosmarin, Thymian, Kümmel, Wachholderbeeren oder Fenchel, lassen sich kreative Aromen und zahlreiche Geschmacksvariationen herstellen.
Keine Chemie
Gemüse zum Fermentieren sollte aus dem eignen Garten oder beim Ökobauern bezogen werden, da zu reichlich Kunstdünger und Spritzmittel den Gärvorgang verhindern. Chemisch gedüngtes oder gespritztes Gemüse eignet sich nicht zur Milchsäuregärung, da Spritzmittel, die natürlichen Milchsäurebakterien, die sich auf der Oberfläche vom Gemüse befinden, zerstören.
Grundausstattung zum Fermentieren
Schneidebretter, Messer, Reibe oder Küchenmaschine zum Zerkleinern der Lebensmittel.
Einmachgläser oder Bügelgläser mit Gummiringen eignen sich gut, weil die großen Öffnungen perfekt zum Einfüllen des Gärgutes sind. Die Fermentation geschieht unter Ausschluss von Sauerstoff, daher müssen die Gläser geschlossen werden. Sie lassen das während des Prozesses entstehende Kohlendioxid entweichen, zudem kann keine Luft von außen eindringen.
Fermentiergewichte oder Beschwerer, um das Aufsteigen des Gärgutes in den Gläsern zu verhindern. Diese können aus Ton oder Glas bestehen. Es eignen sich lebensmittelechte Steine oder Glaskugeln, die man in einen lebensmittelechten Beutel füllt sowie kleine Gläser oder kleine Glasdeckel von Einmachgläsern.
Tipp!
- Es ist auf absolute Sauberkeit bei der Verarbeitung der Zutaten und der Vorbereitung der Arbeitsgeräte zu achten! Es empfiehlt sich, die Utensilien mit heißem Wasser und Spülmittel zu säubern, mit heißem, klarem Wasser nachzuspülen oder in der Geschirrspülmaschine zu reinigen.
- Zum Fermentieren sollten keine Gegenstände aus Metall verwendet werden. Die Säure reagiert mit bestimmten Metallen, wodurch das Gemüse verdirbt.
- Zum Einsalzen Koch-, Meersalz oder Steinsalz ohne jegliche Zusätze von Jod, Fluor, Rieselhilfen oder anderen E-Stoffen verwenden. Die Zusätze hemmen die Bakterien bei der Fermentation und würden so dafür sorgen, dass das Gemüse schimmelt.
- Der Salzgehalt sollte genau eingehalten werden. Ein zu hoher Gehalt hemmt die Gärung und zu wenig Salz könnte das Gemüse zum Faulen bringen. Eine 2-prozentige Salzlake ist ein guter Richtwert für die Herstellung. Das Gemüse sollte zwar salzig, aber nicht versalzen schmecken.
Schritt für Schritt zum fermentierten Superfood
1. Schritt
Das Gemüse gut waschen und vorhandene Schädlinge entfernen.
2. Schritt
Danach das Gemüse zerkleinern. Es kann nach Belieben in feine Streifen geschnitten, geraspelt, in Sticks oder in Scheiben geschnitten werden.
3. Schritt
Das zerkleinerte Lebensmittel mit Salz vermengen, gut vermischen, je nach Zerkleinerungsgrad kann es auch mit einem Holzstampfer gestampft oder mit den Händen geknetet werden, bis Flüssigkeit austritt. Die gewünschten Gewürze untermischen.
4. Schritt
Die vorbereiteten Gläser mit dem Gemüse und der ausgetretenen Flüssigkeit befüllen. Die Gemüsestreifen müssen vollständig mit der Salzlake bedeckt sein, ansonsten mit weiterem Salzwasser auffüllen.
5. Schritt
Bildet sich bei großen Gemüsestücken wie Broccoli oder Blumenkohl nicht genügend Lake, wird das Gemüse mit Salzwasser aufgefüllt.
6. Schritt
Auf das Gärgut einen Beschwerer legen, damit das Gemüse nicht an die Oberfläche schwimmt. Der Beschwerer sorgt dafür, das der Sauerstoff entweicht und ein anaerobes Milieu entsteht. Das Bügelglas verschließen oder das Einmachglas mit Gummiring und Klemmen versehen.
7. Schritt
Der letzte Schritt besteht darin, den Fermentationsprozess abzuwarten. In der ersten Woche liegt die ideale Raumtemperatur bei 20 Grad Celsius, danach bei zirka 15 Grad Celsius. Nach ein bis sechs Wochen – das ist abhängig vom Lebensmittel – ist der Gärvorgang abgeschlossen. Stellt man das gärende Lebensmittel in den Kühlschrank, wird der Gärvorgang unterbrochen. Wird das Gemüse nicht sogleich verwendet, kann es luftdicht verschlossen, dunkel und kühl über mehrere Jahre gelagert werden.
Guten Appetit!
Fermentiertes Gemüse schmeckt zu jeder Mahlzeit. Ob als eigenständige Rohkostportion oder als Zutat im Salat, als Topping auf Suppen oder als Brotbelag ist fermentiertes Gemüse vielseitig einsetzbar. Auch der Saft ist herzhaft und gesund – deshalb kann er ebenfalls getrunken werden.